Bekenntnis zum Medium Fotografie        Werner Rauber   2006

Seit nun mehr über 35 Jahren verwende ich das Medium Fotografie und bin noch immer von der Fähigkeit der Fotografie, auf schnelle, einfache und relativ preiswerte Weise das von mir Beobachtete als Abbild „aufzeichnen" zu können, begeistert. Trotz des Wissens, dass diese Abbilder nicht Reproduktionen des Vorgefundenen, sondern Umformungen nach den dem fotografischen Prozess innewohnenden Gesetzmäßigkeiten sind, die allerdings immer auch eine subjektive Beeinflussung enthalten und zulassen, und trotz des Wissens um die Tatsache, dass man mit Fotos nicht nur durch Retusche und ähnliche Manipulationen, sondern schon durch Ausschnittwahl und Standpunkt, durch Textbeigabe und Präsentation in einem bestimmten Kontext die Wahrnehmung des Betrachters beeinflussen kann, halte ich am fotografischen Abbild fest, da es kein anderes Medium gibt, das eine solche Annäherung an die Wirklichkeit erlaubt. Die fotografischen Abbilder haben eine wie auch immer geartete Ähnlichkeit mit dem Abgebildeten, sonst müsste man auf Passfotos, Fotografien von Unfallorten, wissenschaftlichen Fotografien zwecks Vorgangsbeschreibungen, fotografische Reproduktionen von Kunstwerken, Fotografien in Katalogen von Gebrauchsgegenständen usw. verzichten.

Der Fotograf kann durch seine Arbeitsweise dem im Umgang mit Fotografie kundigen Betrachter auch seine Sichtweise der Wirklichkeit nachvollziehbar und überprüfbar vor Augen führen, so dass der Betrachter neue Aspekte der Wirklichkeit kennen lernen kann. Allerdings ist es auch die Aufgabe des Fotografen, dem Betrachter eine der Fotografie angemessene Wahrnehmungsweise aufzuzeigen.

 

Wenn ein Fotograf das Medium Fotografie bewusst und geplant einsetzen will, muss er im Einzelnen reflektieren

- den fotografischen Herstellungsprozess  mit seinen feststehenden Gesetzmäßigkeiten bei der Abbildung der Wirklichkeit  und den Eingriffsmöglichkeiten in diesen Prozess

- die entstandene Fotografie als Bild mit den ihr eigenen visuellen Qualitäten und Eigentümlichkeiten und ihren Wirkungen auf den Betrachter

- die Gebrauchsweisen von Fotografien im allgemeinen und die zu erwartende Gebrauchsweise der geplanten Fotografien in einem bestimmten Kontext.